Am Jänner-Blatt meines Steine-Kalenders 2020 geht es ums Glücksvogerl, das sich nicht erhaschen lässt, aber sich immer dann zu einem setzt, wenn man ganz im Moment ist. Ausgerechnet dieses Kalenderblatt hat mich ziemlich geprüft.

Schock statt Freude

Als ich im September 2019 aufgeregt den großen Karton mit den fertigen Kalendern öffnete und gespannt ein frisch gedrucktes Exemplar durchblätterte, traf mich fast der Schlag: Es waren zwei Fehler in meinen Texten! Und das obwohl ich sie so oft durchgelesen hatte. Aber irgendwie war es doch passiert, bei der letzten Korrektur hatte sich ein Abstand zwischen zwei Worten verflüchtigt und ein überflüssiger Buchstabe vor mir gut versteckt. Und obwohl ich als Journalistin und Texterin weiß, wie leicht Fehler passieren und wie wenige davon den LeserInnen tatsächlich auffallen, war doch meine Freude am Kalender erst einmal dahin.

Teuferl auf der Schulter

Die Gedanken wirbelten durch meinen Kopf und ich wurde immer unrunder. Konnte ich dafür überhaupt Geld verlangen? War das nicht unglaublich peinlich, dass so kurze, einfache Texte Fehler bargen? Und konnte ich diese ruhigen Gewissens etwaigen KäuferInnen einfach verschweigen? Sollte ich die Kalender dieses Jahr einfach verschenken? Das kleine Teuferl auf meiner Schulter gab keine Ruhe.

Flucht nach vorne

Doch dann beschloss ich, das Glücksvogerl gegen das Fehlerteuferl gewinnen zu lassen. Denn es war mir klar, dass sich der Kalender nicht verkaufen und er auch niemanden erfreuen würde, wenn ich solche Zweifel hatte. Ich zwang mich also, ihn wieder und wieder durchzusehen – mit einer Riesenangst, womöglich einen dritten Fehler zu entdecken! Ich konzentrierte mich dabei auf all das Schöne und Wertvolle und begann mich für mein Werk innerlich zu loben und nicht länger zu tadeln. Ich erfreute mich an den stimmigen Fotos und gelungenen Formulierungen und stellte mir vor, wie gut die Steine-Botschaften im Kalender auch dieses Jahr wieder ankommen würde.

Rührende Rückmeldung

So war es dann auch: Am 31. Dezember war der Wand-Kalender restlos ausverkauft! Eines der letzten Exemplare schickte ich an eine neue Kundin in der Schweiz und die Rückmeldung, die sie mir ausgerechnet zum nicht fehlerlosen Jänner-Kalenderblatt dann in einem reizenden E-Mail gab, rührte mich zu Tränen.

Flatter, flatter

Ihre beiden kleinen Söhne, 3 und 5 Jahre alt, hatten den Kalender studiert und waren vom Glücksvogerl tief beeindruckt. Zwischen den Kindern entspann sich daraufhin eine schon fast philosophische Unterhaltung. Dann sagte die Mutter zu ihren Söhnen: „Schaut, der Glücksvogel ist gerade zu uns geflattert!“ Da schaute sich der Kleinere suchend um und tastete sich den Kopf ab, ob das Glücksvogerl wohl auf ihm säße. Der Größere erklärte ihm dann, dass dieser eben in ihm drinnen wäre. Die Botschaft meines Textes war also angekommen, der kleine Abstand-Fehler spielte dabei nicht die geringste Rolle. Und das kleine Glücksvogerl war auch wieder auf meiner eigenen Schulter gelandet.

 

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2 Kommentare

  1. Liebe Ines, es tut so gut solche Erfahrungen miteinander zu teilen. Letzten Sommer durfte ich das auch so erlleben – die Illustration zu einem Kinderbuch war fertig und es hatte sich ein Fehler eingeschlichen. Und dann kam ein Mensch auf mich zu, der die Augen genau auf diese Dinge richtet- auf Fehler – und in mir brach ein Sturm der Gefühle los- und dann beschloss ich dem kleinen Fehler all das entgegen zu setzten, was gelungen und schön war – und siehe da, der Sturm legte sich und Ruhe und Zufriedensein kehrte ein – nobody is perfekt – und ich schmunzelte und lächelte, lachte und freute mich. Liebe Ines, danke, dass du diese Erfahrung mit uns teilst – richten wir unsere Aufmerksamkeit auf das, was lebensförderlich, lebensbejahend und ermutigend wirken darf. DANKE

    1. Liebe Gisela, vielen Dank für Dein Feedback! Immer so schön, wenn man feststellt, nicht allein zu sein. Und JA – dem Guten mehr Gewicht 🙂

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